柏林佛光山

27.10.2023

Ein kurzes Lied (Teil I)
Cao Cao (155-220, Östliche Han-Dynastie)

Ich hebe das Glas und singe ein Lied,
wer weiß denn schon, wie lang das Leben sein wird?

Wie morgendlicher Tau
vergehen die Tage voll unendlichen Leids.

Gefühle überkommen mich,
schwer sind meine Sorgen zu vergessen.

Wie kann ich mich von diesen Sorgen befreien?
Nur mit einem Glas von Du Kang’s Wein.

Ihr angehenden Gelehrten,
mein Herz verfällt in tiefer Grübelei.

Nur für euch allein,
versink ich bis heute in Litanei.

Dort draußen ruft ein Hirsch,
isst einen wilden Apfel.

Gern empfange ich Ehrengäste,
mit Trommeln und Trompeten.

Glänzt alles noch so hell im Mondenschein,
wie schnell wird die Zeit vergehen?

Da kommen Sorgen hervor,
die ich nicht ausblenden kann.

Gäste aus der Ferne durchqueren die Lande,
und kommen mich besuchen.

Die Trennung überwunden, reden und trinken wir,
im Geiste sind wir voller Nostalgie.

Der Mond ist hell und die Sterne rar,
in den Süden fliegt ein Elsterpaar.

Dreimal umrunden sie des Baumes Äste,
doch auf welchen werden sie sich setzen?

Den Berg ärgert es nicht, dass er groß ist,
den Ozean ärgert es nicht, dass er tief ist.

Wer sich wie Herzog Zhou den Menschen zuwendet,
zu dem streben die Herzen Aller unter dem Himmel.

── aus Song Shu

Gedanken über Trennungen (Teil IV)
Yuan Zhen (779-831, Tang-Dynastie)

Was ich einst beim Ozean sah, kann schwer wieder zu einem Fluss werden.
Außer was ich beim Wu-Gebirge sah, kann nirgendwo von Wolken die Rede sein.
Wo wir einst üppige Blumenfelder streiften, denke ich ungern wieder zurück.
Die eine Hälfte von mir praktiziert den Weg, nur die andere Hälfte folgt noch dir.

Gedanken über die Traurigkeit (Teil II)
Yuan Zhen (779-831, Tang-Dynastie)

Vor langer Zeit haben wir einmal über das gescherzt, was nach dem Tode passiert.
Jetzt ist dieser Moment vor meine Augen gekommen.

Deine Kleidung habe ich bereits weggegeben,
die Nähkiste ist noch da, doch ertrage es nicht sie zu öffnen.

In Gedanken bin ich noch wie in alten Zeiten fürsorglich bei den Mägden und Dienern,
in meinen Träumen schicke ich manchmal Geld.

Ich weiß wahrlich, dass dieser Kummer bei jedem einmal kommt,
doch bei einem armen Paar häuft sich die Trauer um das Hundertfache.

── aus Quan Tang Shi

27.10.2023