Vers über die Buddha-Rezitation
Bai Juyi (689-740, Tang Dynastie)
Im Alter von 71 Jahren schreibe ich keine Gedichte mehr,
das Lesen von Sūtra ist zu anstrengend für meine Augen, beim Vollbringen guter Taten fürchte ich zu großen Kraftaufwand.
Wie kann ich so meinen geistigen Horizont erweitern? Mit einer Stimme Amitābha.
Beim Gehen rezitiere ich Amitābha, beim Sitzen rezitiere ich Amitābha,
selbst wenn ich mit vielen Dingen beschäftigt bin, lasse ich nicht ab von Amitābha.
Sollen sich doch die Gelehrten über mich lustig machen, die an Amitābha zweifeln.
Was bringt schon der Intellekt? Und was, wenn man keinen hat?
Ich möchte alle Wesen in der Dharma-Welt dazu aufrufen: Kommt zusammen und rezitiert mit mir Amitābha!
Wer die Befreiung vom Leiden aus dem Kreislauf der Wiedergeburten sucht, sollte Amitābha rezitieren.
── aus Guiyuan Zhizhi Ji
Ein Schwalbengedicht für Herrn Liu
Bai Juyi (689-740, Tang Dynastie)
Auf dem Dach saßen zwei Schwalben, ein elegantes Paar;
sie bauten sich ein Nest zwischen den Dachschindeln und bekamen vier Küken.
Die vier Küken wuchsen Tag und Nacht,
hungrig nach Essen schrien sie unentwegt.
Die grünen Würmer waren nicht einfach zu fangen,
die gelben Schnäbel der Küken waren nicht einfach zu füllen.
Die Krallen und die Schnäbel wollten schon aufgeben,
doch ihr Wille war unermüdlich.
Die Eltern kamen und gingen viele Male,
doch sie hatten immer noch Angst, dass die Küken im Nest hungrig wären.
So arbeiteten sie hart für 30 Tage,
die Mutter wurde dünner, die Küken wurden dicker.
Die Eltern zwitscherten, um ihnen das Sprechen beizubringen,
und sie wuschen ihre Federn eine nach der anderen.
Eines Morgens, als ihre Flügel ausgewachsen waren,
erkundeten die Jungen Haus und Hof.
Sie hoben ihre Flügel und schauten nicht zurück;
dem Wind folgend verteilten sich in alle vier Richtungen.
Die Rufe der Eltern gingen ins Leere,
doch mit dem Verhallen des Klangs kamen keine Rufe zurück.
So kehrten die Eltern zurück ins leere Nest,
in lauter Trauer verbrachten sie dort die ganze Nacht.
Oh Schwalben, seid nicht traurig!
Erinnert euch und denkt drüber nach.
Erinnert euch an die Zeit, als ihr selbst Küken wart.
Konntet ihr hoch genug fliegen, war es auch Eure Zeit, der Mutter den Rücken zu kehren.
Nun sagten die Eltern sich:
Diesen Tag sollten wir richtig verstehen.
── aus Baishi Changqing Ji