Auf dem Weg zur Weisheit
Ins Chinesische übersetzt von Kumārajīva (344-413, Östliche Jin-Dynastie)
I
Wer duldsam ist, kann als großer, kraftvoller Mensch bezeichnet werden. Kann ein Mensch es nicht freudvoll ertragen, von anderen geschmäht zu werden, als labe er sich am süßen Tau, so ist er nicht auf dem Weg zur Weisheit.
II
Kann jemand seinen Geist voll und ganz auf eine Sache konzentrieren, so gibt es nichts, was er nicht zu erreichen vermag.
III
Das Gewand der Scham ist von allem Schmuck der beste.
IV
Ein zorniger Geist gleicht dem wilden Feuer, vor dem es sich zu schützen gilt, damit es nicht eindringt. Von allem, das die Verdienste zunichte macht, ist nichts schlimmer als der Zorn.
V
Wer voller Eifer ist, für den ist nichts beschwerlich. So seid voller Eifer, wie ein kleiner Bach, der durch seinen stetigen Lauf den Fels durchbohrt.
VI
Wenn man sich an die Gelübde der Reinheit hält, kann er sich am guten Dharma erfreuen. Wenn er sich nicht daran hält, werden ihm keine Verdienste daraus erwachsen. Daher sind die Gelübde der Reinheit der Ort, dem die Verdienste in bester Weise innewohnen.
VII
Was immer du zum Essen und Trinken empfängst, nimm es ein wie Medizin. Ganz gleich, ob lecker oder ungenießbar, mach keinen Unterschied. Nimm es ein, um den Körper zu erhalten und Hunger und Durst zu beseitigen.
VIII
Sei wie eine Biene beim Sammeln von Pollen einer Blume. Sie nimmt ihre Würze in sich auf, doch zerstört sie ihren Duft und ihre Schönheit nicht. Empfängst du Gaben von anderen, nimm sie an, um deine Sorgen zu beseitigen, doch verlange nicht nach mehr und schade damit deiner guten Absicht.
IX
Sei wie der Weise, der die Last, die sein Ochse zu tragen vermag, genau einschätzt, und der nicht seine Kraft erlischt, indem er über das Maß hinaus geht.
── aus Fo Yi Jiao Jing