Am Ufer des Bachs
Yan Shu (991-1055, Song-Dynastie)
Mit jedem neuen Lied trinke ich noch ein Glas Wein,
während auf dem Balkon des Pavillons das Wetter den Ausklang des Jahres bezeugt.
Wann wird die Sonne zurückkehren, wenn sie im Westen untergegangen ist?
Es bleibt nichts anderes, als den Blumen beim Verblühen zuzusehen.
Scheinbar miteinander vertraut, fliegen die Spatzen heim,
auf den duftenden Pfaden des Gartens verweile ich allein.
Der Glanz eines Jahres ist derart begrenzt,
ständige Trennungen quälen unsere Seelen.
Bleibe nicht dem Bankett und den Liedern fern,
im Angesicht der Berge und Flüsse weitet sich das Gemüt.
Fallende Blüten, Regen und Stürme vernichten erneut das Frühlingswerk.
Doch wieviel schlimmer ist der Verlust unserer Nächsten.
— aus Zhu Yu Ci
Überquerung des Dongting-Sees
Melodie: Der Zauber von Niannu
Zhang Xiaoxiang (1132-1169, Song-Dynastie)
Beim Dongting-See und Qingcao-See,
gegen Mittherbst, ohne dass ein Lüftchen weht.
Dreißigtausend Morgen Land schimmern im Jadeglühen,
ich nehme mein kleines Boot.
Rein leuchtet der Mond,
die Milchstraße breitet sich aus.
Innen wie außen, klar und hell.
Gelassen begreift mein Geist, was über diesen wunderbaren Ort schwer auszusprechen ist.
Ich muss an meine Jahre im Meer der Hügel denken,
erleuchtet war ich von einsamem Licht,
mein ganzer Körper war glänzend wie Schnee und Eis.
Mit meinen spärlichen Haaren, in dünnen und alten Kleidern,
treibe ich jetzt im Boot weiter zwischen Wellen und Firmament.
Der Westfluss tritt über die Ufer,
lehn Dich an den Großen Wagen,
alle Erscheinungen der Natur sind meine Gäste.
Ich binde das Schiff fest und lache,
denn ich weiß doch nicht, welche Nacht ist heute Nacht?
— aus Quan Song Ci