Ein mittelloses Mädchen
Chen Yinke (1890-1969)
Wunderschöne Seide ist so kostspielig wie Perlen,
während billiger Baumwollstoff sich nicht verkaufen lässt.
Welch Glück, dass es Großmutters Steppdecke aus Baumwolle gibt:
Entzünde die Lampe und schneidere ein modisches Kleidungsstück.
Gebrechlicher Frühling
Chen Yinke (1890-1969)
Unvermittelt kam ich hierher, um den gebrechlichen Frühling zu verabschieden,
in einer Hausecke am See, allein und mit betrübtem Geist.
Durch das Studium der Geschichte war ich früh über die heutigen Umstände im Bilde,
im Gegenüber der Blüten erinnere ich mich an die Menschen aus vergangener Zeit.
Obgleich Min Du den Fluss überquert hatte, war es schwer, der Hungersnot zu entkommen.
Auch wenn Jun Ping der Welt entsagt hatte, rückte der Alltag noch viel näher.
Verständlich war Man Shans Absicht, mich zum Verweilen zu bewegen,
der rote Granatapfel ist so feurig, der grüne Banyanbaum so saftfrisch.
Auch wenn Familien ausgelöscht wurden und Staaten zugrunde gingen,
mein Körper hat überlebt,
doch die Frühlingsfrische im Gästehaus ähnelt dem Frost im Herbst.
Im Regen kommen mir bittere Sorgen um das Verwelken der Blumen,
vor den Fenstern ist das Gezwitscher der Vögel ebenso kummervoll.
Die Herzen der Menschen haben sich bereits daran gewöhnt, Trennung und Chaos zu durchlaufen,
alles einzusetzen und um Leben oder Tod zu spielen.
Die Hände im Ärmel versteckt, singe ich in Erwartung einer himmlischen Fügung.
Wie ist es zu ertragen, wenn der Kopf halb leer geworden und ergraut ist?
7. Januar, 1950
Chen Yinke (1890-1969)
Der Pflaumen-Hügel war an diesem Tag bereits ohne Blüten.
Alleine, im Gegenüber der leeren Zweige,
seufzte ich über die vergangenen Zeiten.
Lu Lian, der alte Kranich,
trug Schande in sein Königreich.
Vimalakīrti, der Weißhaarige, hielt noch immer ein Haus von ihm.
Es drängt mich zur Rückkehr in den Norden, mit einem Herz voll Angst.
Nachdem ich lange die Küche des Südens gekostet habe,
seufze ich vor Emotionen.
Die Tür zu verschließen und sich der Dichtung hinzugeben, und doch auch Vieles zu erledigen,
war nicht so schlimm wie die Augen zu verschließen und sein Leben zu verschenken.
── aus Chen Yinke Quanji