柏林佛光山

04.11.2024

Auszug aus Behüte die Wurzeln der Weisheit (Teil 1)
Hong Yingming (Lebenszeit unbekannt, Ming-Dynastie)

Reichtum ist wie eine Blume

Reichtum und Ruhm:

Wenn durch Tugend erworben, sind sie wie Blumen in einem Wald; sie werden natürlich gedeihen.

Wenn durch Arbeit erworben, sind sie wie Blumen in einem Topf; sie werden Veränderungen durchleben, wachsen und eingehen.

Wenn durch Macht erworben, sind sie wie Blumen in einer Schüssel; sie können keine Wurzeln schlagen und das Verwelken ist eine Frage der Zeit.

Wie es wirklich ist in der Welt

Zwei Dinge gelten in dieser Welt als schwierig:
Der Aufstieg zum Himmel ist schwierig,
noch schwieriger ist es, andere um Hilfe zu bitten.

Zwei Dinge gelten in dieser Welt als bitter:
Der Geschmack von Coptis chinensis* ist bitter,
noch bitterer ist Armut.

Zwei Dinge gelten in dieser Welt als gefährlich:
Naturgewalten sind gefährlich,
noch gefährlicher ist der menschliche Geist.

Zwei Dinge gelten unter uns als dünn:
Eis im Frühling ist dünn,
noch dünner ist zwischenmenschliches Mitgefühl.

Erkennt man das Schwierige,
meistert man das Bittere,
durchschaut man das Gefährliche,
erträgt man das Dünne,
wird man in der Lage sein, in der Welt zurechtzukommen.

* Ein chinesisches Kraut namens Huang Lian (Chinesischer Goldfaden), das einen bitteren Geschmack hat.

Sei streng mit Dir selbst und nachsichtig gegenüber anderen

Wenn mich jemand verurteilt,
ist es besser, es zu tolerieren,
auch wenn man darüber debattieren könnte.

Wenn mich jemand beleidigt,
ist es besser, es sich zu überlassen,
auch wenn man sich verteidigen könnte.

Sei nicht zu streng,
wenn du Menschen für Böses schiltst.
Du solltest darauf achten, was sie imstande sind zu ertragen.

Sei nicht zu anspruchsvoll,
wenn du Menschen Gutes lehrst.
Du solltest darauf achten, was sie imstande sind zu erreichen.

Inmitten eines Gedankens

Ein Gedanke von Glück
gleicht leuchtenden Sternen und verheißungsvollen Wolken.

Ein Gedanke von Wut
gleicht donnerndem Gewitter und sintflutartigem Regenfall.

Ein Gedanke von Mitgefühl
gleicht der sanften Brise und dem süßen Tau.

Ein Gedanke von Entbehrungen
gleicht der sengenden Sonne und dem herbstlichen Frost.

Steter Tropfen höhlt den Stein

Kleine Hiebe fällen große Eichen,
steter Tropfen höhlt den Stein.
Wer den Weg erlernt, muss große Anstrengungen unternehmen.

Wo Wasser fließt, bildet sich ein Kanal,
wo Früchte reif sind, fallen sie ab.
Wer den Weg erreicht,
wird der himmlischen Zeichen gewahr.

Ein ruhiger Körper und Geist

Ist dieser Körper ständig im Zustand der Gelassenheit,
wer vermag mich mit Ehre und Schande, mit Erfolg und Misserfolg anzustacheln?

Ist dieser Geist ständig im Zustand der Ruhe,
wer vermag mich mit Recht und Unrecht, mit Gewinn und Verlust einzutrüben?

Versetze dich in die Situation der Notleidenden

An einem Ort von Reichtum und Adel
sei dir der Schmerzhaftigkeit von Armut und Verachtung bewusst.

In einer Zeit von Jugend und Stärke
gedenke der Bitterkeit von Alter und Schwäche.

Im Zustand von Freude und Stabilität
versetze dich in die Situation der Notleidenden.

In der Position eines Zuschauers
begreife ganz unmittelbar den Moment des Leidens.

— aus Cai Gen Tan

04.11.2024