Begegnung mit einem in die Hauptstadt entsandten Boten
Cen Can (715-770, Tang-Dynastie)
Wie endlos ist der Weg nach Hause, wenn ich gen Osten blicke.
Beide Ärmel sind von Tränen durchtränkt, die unaufhörlich weiter fließen.
Zu Pferd begegnen wir einander, ohne Papier und Pinsel stehe ich da.
Es liegt an dir, meine Worte zu übermitteln und vom Wohlbefinden zu berichten.
Lied von Liangzhou
Wang Han (Jahre unbekannt, Tang-Dynastie)
Wie leuchten die Becher in der Nacht mit köstlichen Traubenwein.
Gerade wollen wir trinken, da ereilt uns der dringende Ruf der Pipa.*
Werden wir betrunken auf dem Schlachtfeld liegen, dann lache nicht.
Wie viele Krieger sind in der Vergangenheit jemals zurückgekehrt?
* Pipa ist eine chinesische Laute mit vier Saiten.
Ohne Titel
Li Shangyin (812-858, Tang-Dynastie)
Schwer ist, sich zu treffen,
noch schwerer fällt es, sich zu trennen.
Sobald der Ostwind abschwächt, welken Hunderte von Blumen.
Erst wenn Frühlingsraupen sterben, ist die Seide fertig.
Nur wenn die Kerzenflamme versiegt, trocknen die Tränen aus Wachs.
Im morgendlichen Spiegel kommt allein Besorgnis über das Ergrauen meiner Schläfenhaare.
Bei der nächtlichen Rezitation werde ich des kalten Mondlichts gewahr.
Von hier ins Paradies gibt es nicht viele Wege.
Oh, fleißiges Blaukehlchen,
schau für mich schon mal dort nach.
Lied von Longxi
Chen Tao (ca. 812-888, Tang-Dynastie)
Sie schworen, die Xiongnu zu besiegen,
ohne Gedanken an ihr eigenes Leben.
Fünftausend, gehüllt in Kampfgewändern aus Fell,
krepiert zu barbarischem Staub.
Die erbärmlichen Knochen an den Ufern des Flusses Wuding*
gleichen noch immer den Männern aus den Träumen vom Frühling.
.
* Wuding, „Fluss der Unsicherheit“, ist ein umgangssprachlicher Name für den Fluss Yongding.
── aus Quan Tang Shi