Gedichte von Wang Wei (Auswahl)
Wang Wei (699-759, Tang-Dynastie)
In Gedanken an meine Brüder in Shandong,
am neunten Tag des neunten Monats*
Ganz allein als Fremder in einem fremden Land,
verdoppelt sich jeden Festtag das Herbeisehnen der Familie.
Wissend, dass meine Brüder in der Ferne hoch hinaufsteigen,
unter den Hartriegeln fehlt jedoch noch der meine.
Lied auf die Stadt Wei
Der feine Staub der Stadt Wei wird benetzt durch den morgendlichen Regen.
Das Gasthaus erstrahlt in sattem Grün mit seinen frischen Weidenbäumen.
Ich dränge dich, einen weiteren Becher Wein mit mir hinunterzukippen.
Bist du erstmal westwärts hinter dem Yangguan-Pass, wirst du keine alten Bekannten mehr treffen.
Die Hütte des Gebirges Zhongnan
Seit der Mitte meines Lebens war ich dem Dao zugetan.
Alt geworden, schlug ich mein Lager am Berge auf.
Wenn ich aufstehe, wandere ich allein herum,
denn nur ich selbst weiß, was am besten ist.
Dort angekommen, wo die Wasser enden,
setze ich mich nieder und schaue zu, wie die Wolken sich erheben.
Und so manches Mal treffe ich einen alten Mann im Wald,
wir plaudern und lachen,
zögern den Heimweg bis ins Endlose hinaus.
Herbstliche Abenddämmerung beim Bergdomizil
Im einsamen Gebirge ist frischer Regen gefallen,
die Luft ist voll des abendlichen Herbsts.
Der helle Mond scheint zwischen den Kiefern hindurch, aus klarer Quelle sprudelt es über die Steine.
Durch den raschelnden Bambus kehren Waschfrauen zurück, zwischen dem wabernden Lotos tauchen Fischerboote auf.
Auch wenn sich der Duft des Frühlings bereits gelegt hat, hier können die Nachkommen des Herrn Wang verweilen.
Wuchernde Magnolien
Magnolien blühen an den Astenden,
purpurrote Blütenkelche färben das Gebirge rot.
In der Hütte beim Bach ist niemand mehr,
wie wild gedeihen und vergehen sie.
── aus Wang Chuan Ji