Lied von Yongjia über die Erkenntnis vom Weg (Auszug)
Yongjia Xuanjue (665-712, Tang-Dynastie)
Dank des plötzlichen Erwachens über das Chan des Tathagata – des So-Gekommenen –
sind die Sechs Vollkommenheiten – Paramitas – und zehntausend Taten in sich vollkommen.
Im Traum erschienen die Sechs Sphären der Existenz so klar,
doch nach dem Erwachen sind die Tausend Welten nur noch leer.
Verschwunden sind Glück und Übel, geblieben sind nur ihr Kommen und Gehen,
im Wesen des Erloschenen lohnt sich die Suche nach ihnen nicht.
Auch wenn der Spiegel gerade erst verstaubte, er wurde zuvor noch nie poliert,
so ist nun klar, welcher Analyse es bedarf.
Überlasst die Verleumdungen den anderen, lasst den anderen ihren Irrtum,
vergeblich werden sie den Himmel in Brand setzen.
Höre ich davon, ist es, wie wenn ich mich an süßem Nektar labe,
es löst sich auf und geht unmittelbar ein in das Unvorstellbare.
Das Betrachten ihrer bösen Worte ist ein Verdienst,
so werden sie zu meinen guten Dharma-Freunden.
Wegen ihrer Verleumdungen bringe ich keine falschen Gefühle hervor,
wie anders manifestiert sich die geduldvolle Kraft des bedingungslosen Mitgefühls?
Nehmen wir an, ein Eisenrad rotiert über meinem Kopf,
doch die konzentrative Weisheit ist vollkommen und klar, weicht niemals zurück.
Die Sonne kann kalt sein, der Mond kann heiß sein,
aber die bösen Geister vermögen es nicht, die Wahrheit zu zerstören.
Verleumde nicht die Weite des Himmels, indem du durch ein Rohr schaust,
und hast du es immer noch nicht kapiert, so werde ich es dir zeigen.
── Aus Changzong Yongjia Ji
(Sammlung von Yongjia aus der Zen-Schule)
Erläuterungen zur Chan-Sammlung von Yongjia
Yongjia Xuanjue (665-712, Tang-Dynastie)
Pflege ein sanftes Wesen,
suche nicht die Verfehlungen der anderen.
Lobe nicht die Vorzüge von dir selbst,
begib dich nicht in Wetteifer.
Behandle Freund und Feind gleich,
ohne zwischen ihnen zu unterscheiden,
ohne Hass und Liebe freien Lauf zu lassen.
Trachte nicht nach dem Besitz anderer,
sei nicht geizig mit dem, was du hast.
Ereifere dich nicht mit Gewalt,
bleibe stets aufrichtig und ehrlich.
Lasse deinen Geist nicht aufbäumen,
sei stets froh und bescheiden.
Mit dem Mund sprich kein böses Wort,
Mit dem Körper begehe keine böse Tat,
Mit dem Geist gerate nicht auf einen Abweg.
So hältst du dein dreifaches Karma rein.
── Aus Changzong Yongjia Ji
(Sammlung von Yongjia aus der Zen-Schule)